Wir nehmen Neurogenese genauer unter die Lupe, um der Antwort auf die allumfassende Frage näher zu kommen, wie das Gehirn Informationen speichert und diese dazu benutzt unsere zukünftigen Handlungen zu steuern.
Wie alle anderen Organe unseres Körpers, ist unser Gehirn dazu in der Lage lebenslang jeden Tag neue Zellen zu produzieren. Jedoch ist es im Gegensatz zu allen anderen Körperteilen im Gehirn nicht so einfach neue Zellen hinzuzufügen. Wenn man sich schneidet, wachsen neue Hautzellen nach, breiten sich aus und ersetzen fehlende Zellen. Alle Zellen sind gleich und müssen einfach nur die Wunde auffüllen. Im Gehirn ist jede Nervenzelle ganz speziell mit anderen Zellen vernetzt. Diese Verknüpfungen entstehen durch ein komplexes Zusammenspiel von entwicklungsgesteuerten Programmen und Erfahrungen. Diese präzisen Verbindungen sind die Grundlagen des Gedächtnisses, sie bestimmen Verhalten und unterliegen allem, was wir denken und tun! Welche Folgen hat es demnach, wenn einem erfahrenen und fein abgestimmten Netzwerk von Nervenzellen täglich neue Zellen hinzugefügt werden? Dieser wichtigen Frage wollen wir nachgehen und dafür gibt es viele Ansatzpunkte…
Wie wirken sich neue Nervenzellen auf das Verhalten aus?
Verhalten ist ein ultimatives funktionelles Ergebnis und an diesem Punkt wissen 
wir nur sehr wenig darüber, was Nervenzellen, die im Erwachsenenalter geboren werden (adulte Neurogenese) bewirken. Funktionieren sie einfach genau wie ältere Nervenzellen? Oder haben sie andere Funktionen? Momentan blockieren wir die Neubildung von Nervenzellen im Erwachsenenalter und untersuchen, wie sich dadurch das Verhalten ändert. Wir schauen dabei auf die Rolle der hippokampalen Neurogenese im Gedächtnis, sowie des Gemüts. Dabei beachten wir auch, dass manche Gedächtnisfunktionen von emotionalen Faktoren wie Stress abhängig sein können.
Haben adulte geborene Nervenzellen einzigartige oder verstärkte Fähigkeiten?
Das Ausschalten der Neurogenese kann, muss aber nicht immer zu Verhaltensänderungen führen. Es kann beispielsweise vorkommen, dass ein Funktionsverlust aufgrund des Fehlens von neuen Nervenzellen durch Kompensation älterer Nervenzellen verdeckt werden kann. Dem kann entgegenwirkt werden, indem man neugeborene Nervenzellen akut und nur kurzzeitig mit Hilfe von optogenetischen oder pharmakokinetischen Methoden ausschaltet. Heutzutage weiss man jedoch, dass neugeborenen Nervenzellen eine verstärkte Plastizität und bestimmte elektrophysiologische Eigenschaften besitzen, die daraufhin deuten, dass sie eine einzigartige und leistungsstarke Funktion im Gehirn ausüben. Daher interessiert uns, wie Erfahrungen die Plastizität und die Funktion von in der Entwicklung und im Erwachsenenalter geborenen Nervenzellen beeinflussen können. Daher suchen wir nach einem Erfahrenen Elektrophysiologen, der uns bei diesen Projekten unterstützen kann.
Gibt es genügend neue Nervenzellen um einen Unterschied zu machen?
Es ist die unangenehme Wahrheit, dass Neurogenese mit dem Alter erheblich abnimmt. Daher ist es unklar, ob neugeborene Nervenzellen im Erwachsenenalter überhaupt eine signifikante Rolle spielen. Auf der anderen Seite werden auch in erwachsenen Menschen täglich 700 neue Nervenzellen geboren, die einen gewaltigen Effekt haben können. Wir erforschen daher den kumulativen Effekt von neugeborenen Nervenzellen, und untersuchen die Beziehung zwischen den in der Entwicklung und den im Erwachsenenalter geborenen Nervenzellen. Wir glauben, dass die Charakterisierung beider Populationen notwendig ist, um die gesamte Funktion des Hippokampus zu verstehen.
Übersetzt von Desiree Seib